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Oliver Kahn contra Joachim Löw: Streit um die Defensivarbeit


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Streit um die Defensivarbeit: Kahn contra Löw

Von t-online
Aktualisiert am 16.08.2012Lesedauer: 4 Min.
Oliver Kahn kritisiert die Mannschaft von Bundestrainer Joachim Löw (re.).Vergrößern des BildesOliver Kahn kritisiert die Mannschaft von Bundestrainer Joachim Löw (re.). (Quelle: imago-images-bilder)
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Aus Frankfurt berichten Andreas Leiser und Marc L. Merten

Es waren noch nicht alle Nationalspieler in der Kabine, da flimmerten in den Katakomben der Frankfurter Commerzbank Arena Bilder von Oliver Kahn und Joachim Löw über die Fernsehbildschirme. Ein erregter Kahn gestikulierte mit mürrischer Miene, und auch der Bundestrainer wirkte wenig amüsiert. Der ehemalige Nationaltorhüter hatte gerade erst zu einem Rundumschlag gegen die deutsche Defensive ausgeholt. Und es schien, als ob ein Vulkan nach langem Brodeln ausgebrochen war. Mit aller Macht bahnten sich die Worte ihren Weg an die Oberfläche und ordneten sich zu einer wahren Schimpftirade gegen die deutsche Nationalmannschaft und deren Defensivleistung. (Einzelkritik: So waren die DFB-Kicker drauf)

Auslöser waren die vielen Chancen gewesen, die sich Gegner Argentinien beim 3:1-Erfolg gegen eine durch eine Rote Karte dezimierte DFB-Elf hatte erarbeiten können. Während die Spieler in den Interviews versuchten, dem 1:3 gegen den zweimaligen Weltmeister etwas Positives abzugewinnen, sprudelte es aus dem ZDF-Experten Kahn geradezu heraus.

Kahn: "Das war naiv"

"Soll ich jetzt auch noch in den Tenor einstimmen: 'Alles super, alles toll – wir haben gut gespielt, 3:1 verloren, wo ist das Problem’? Was ich gesehen habe und was sich in den letzten Monaten immer wieder gezeigt hat, ist, dass die Mannschaft im defensiven Bereich immer wieder große Probleme hat", schimpfte der 43-Jährige. Natürlich habe der Platzverweis für Ron-Robert Zieler einen Bruch im bis dahin guten deutschen Spiel bedeutet. "Aber trotzdem muss man dann nicht so viele Torchancen zulassen. Was muss ich denn machen, wenn ich einen Platzverweis bekomme? Dann muss ich erst mal schauen, dass ich den Gegner in den Griff bekomme und nicht weiter naiv nach vorne spiele. Die Argentinier hätten hier ein Tor nach dem anderen schießen können. Ich denke, der Bundestrainer muss sich da so langsam mal Gedanken machen."

"Wir wissen doch alle, wie Titel gewonnen werden"

Kahn zielte mit seiner Kritik vor allem auf die Titelfähigkeit der deutschen Mannschaft ab. "Wir wissen doch alle, wie Titel gewonnen werden. Wir wissen alle, was große Mannschaften brauchen: Das ist eine gewisse Kompaktheit, Stabilität im Defensivbereich. Das gefällt mir einfach nicht." Und tatsächlich: Ein Blick in die jüngste Geschichte der großen Turniere zeigt, dass Welt- und Europameister Spanien in den letzten drei Turnieren (1x WM, 2x EM) kein einziges Gegentor in den K.o.-Spielen kassiert hat. Das bedeute aber nicht, so Kahn, dass die Spanier nur hinten drin gestanden hätten, "sondern dass dann, wenn sie den Ball verlieren, sie ihn sofort wieder erobern. Das ist die Basis des Erfolgs.“

Löw: "Nennen Sie mir einen Spieler, der nicht alles gegeben hat"

In der deutschen Mannschaft sehe er diese Basis nicht. Vielmehr sehe er dort auch ein mentales Problem. "Da gilt es auch darüber nachzudenken, ob das bei dem einen oder anderen Spieler im Kopf hundertprozentig verankert ist. Das sind vielleicht die letzten zehn Prozent, die uns fehlen, um wieder an die Spitze zu kommen.“ An diesem Punkt war es dann jedoch für den Bundestrainer an der Zeit einzuschreiten. "Nennen Sie mir einen Spieler, der heute nicht alles gegeben hat oder geben wollte! Ich kann doch keinem Spieler den Vorwurf machen, dass er heute zehn Prozent zu wenig gegeben hätte. Woran ist das denn messbar? Der Wille war heute vorhanden", konterte Löw.

Der deutschen Mannschaft den Willen abzusprechen, das war nach dem Auftritt in Frankfurt tatsächlich kaum möglich. Durchaus jedoch offenbarten die DFB-Kicker in der taktischen Umsetzung des Unterzahlspiels eklatante Schwächen. Zwar ist eine Offensive bestehend aus Weltklassespielern wie Lionel Messi, Sergio Agüero und Gonzalo Higuain mit einem Mann weniger auf dem Platz kaum gänzlich auszuschalten. Die Defensive der Nationalelf allerdings ließ sich viel zu schnell vom eigenen Tor weg locken, sodass sie den Argentiniern Tür und Tor öffneten, um schnell durch die dezimierten Reihen zu kombinieren. Mehrfach retteten nur noch Aluminium oder Paraden von Marc-Andre ter Stegen vor weiteren Gegentoren.

Der Anspruch heißt: WM-Titel 2014

Dies gestand dann auch der Bundestrainer ein. "Ich teile Oliver Kahns Meinung, dass wir uns haben zu früh locken lassen und zu früh aufgemacht haben", sagte Löw auf der anschließenden Pressekonferenz. "Aber das sind taktische Fehler", die nichts mit dem Willen der Spieler zu tun hätten. Taktische Fehler, die es allerdings schnellsten abzustellen gilt. Zwar wird Deutschland sich in einer vermeintlich leichten Gruppe problemlos für die WM 2014 qualifizieren. Der Anspruch geht aber längst darüber hinaus. Der Anspruch heißt Spanien. Der Anspruch heißt: WM-Titel. Und da hat die Niederlage gegen Argentinien aufgezeigt, was bereits bei der EURO zu sehen war und was nun auf das Trainerteam und die Spieler zukommt. "Es gibt Dinge, die ich vor der EM nicht trainieren konnte und die wir jetzt angehen werden: zum Beispiel das hohe Pressing, das frühe Verteidigen tief in der gegnerischen Hälfte." Also gerade das, was die Spanier so auszeichnet. "An dem werden wir arbeiten müssen."

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