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Ehrenamtspreis Köln: So hilft "Erko" an der Kreuzgasse gegen das Vergessen


Serie "Helden des Monats"
So hilft "Erko" Schülern gegen das Vergessen


02.04.2024Lesedauer: 3 Min.
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Lehrerin Silke David (2.v.l.) leitet das Projekt und erhielt dafür den Ehrenamtspreis.Vergrößern des Bildes
Lehrerin Silke David (2.v.l.) leitet das Projekt und erhielt dafür den Ehrenamtspreis. (Quelle: Jannik Meyer)

Am Gymnasium Kreuzgasse verlegen Schüler jedes Jahr Stolpersteine für ermordete ehemalige Schüler. Doch nicht nur das – sie erforschen auch die Lebensgeschichten hinter den Namen.

In über 1.200 Kommunen in Europa erinnern Stolpersteine inzwischen an die Schicksale der NS-Opfer – auch in Köln. Drei bis vier der inzwischen über 2.000 Steine in Köln werden jedes Jahr von den Schülern des Gymnasiums Kreuzgasse verlegt. Für das "Erinnerungskonzept" der Schule, kurz "Erko", erhielt das Gymnasium im vergangenen Jahr den Ehrenamtspreis der Stadt.

Rund 50 Steine sind am Haupteingang der Schule inzwischen zusammengekommen. Sie erinnern an die Schicksale von ehemaligen "Kreuzgässlern" – bis 1973 war das Gymnasium eine Jungenschule –, die während des Holocausts ermordet wurden. Das Projekt sei dabei weit mehr als nur ein Akt des Gedenkens, sagt Lehrerin Silke David, die das Projekt leitet. Es sei eine lebendige Auseinandersetzung mit der Vergangenheit, die Schüler aus verschiedenen Klassen zusammenbringe. "Wir möchten nicht nur an Tote erinnern, sondern an die Menschen. An das, was wir an persönlichen Details über ihr Alltagsleben vor der Verfolgung erfahren können", sagt David.

Infos auf vier Sprachen per QR-Code

Durch intensive Recherchen in Zusammenarbeit mit dem NS-Dokumentationszentrum Köln versucht das Projektteam deshalb, die Lebensgeschichten der Opfer zu erforschen. "Wenn man mit den Schülern nur über die große Zahl der Opfer hört und nichts Persönliches über einzelne Menschen während der Verfolgung weiß, kann das zu Gleichgültigkeit führen", hat David festgestellt. Aus diesem Grund liegt der Fokus des Projekts darauf, den heutigen "Kreuzgässlern" nicht nur Zahlen und Fakten zu präsentieren, sondern so viele individuelle Einzelheiten wie möglich aus dem Leben der Menschen vor und mit der Diskriminierung aufzuzeigen. Die Schüler vertonen Texte über die Opfer und tragen sie bei der jährlichen Verlegung der Stolpersteine vor.

Kurzinformationen über jeden einzelnen ehemaligen Kreuzgässler, der schon einen Gedenkstein vor der Schule hat, gibt es inzwischen als Audios mit QR-Codes auf Deutsch, Fanzösisch, Englisch und Türkisch. Die spanische Version wird vor den Sommerferien fertig, die arabische ist in Arbeit, auch eine hebräische Version ist geplant.

Mitarbeit sogar über das Abitur hinaus

Die ehemaligen Kreuzgässler haben mit den heutigen Schülern das Alter gemeinsam: Sie waren 15 oder 16 Jahre alt, als sie die Kreuzgasse ohne Zukunftsaussichten verlassen mussten und inhaftiert oder deportiert wurden. In diese Lage können sich heutige Lernende gut hineinversetzen. "Die Reaktionen der Schüler auf das Projekt sind vielfältig. Viele finden die Details sehr interessant und werden sogar dazu inspiriert, weiterzuforschen. Es gibt allerdings Desinteresse, bei jeweils 120 am Projekt beteiligten Schülern pro Jahr seien zirka zehn eher lustlos dabei, sagt David.

Eine Schülerin, die an dem Projekt mitwirkt, ist Anaïs Wienen. "Ich finde es sehr wichtig, an ehemalige jüdische Schülerinnen und Schüler zu erinnern", erzählt die 18-Jährige, die in diesem Frühling ihr Abitur macht. Auch danach hat sie vor, weiterhin bei dem Erinnerungsprojekt mitzuarbeiten. "Es gibt eine Dauerausstellung, an der ich wahrscheinlich auch nach meinem Abitur mitarbeiten werde." Für Lehrerin Silke David und ihr engagiertes Team ist das Erinnerungsprojekt nicht nur eine Verpflichtung, sondern auch eine Herzensangelegenheit. "Es geht uns darum, die Erinnerung an diese jungen Menschen lebendig zu halten", sagt sie, "damit ihr Leben und ihr Leiden niemals vergessen werden."

Verwendete Quellen
  • Gespräch mit Silke David
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