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Vor Türkei-Spiel: Die Rolle von Hakan Çalhanoğlu für sein Land


Hakan Çalhanoğlu
"Sie beten für mich"

  • Melanie Muschong
Von Melanie Muschong

Aktualisiert am 14.11.2023Lesedauer: 4 Min.
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Hakan Çalhanoğlu: Er trifft mit der Türkei auf die DFB-Elf.Vergrößern des Bildes
Hakan Çalhanoğlu: Er trifft mit der Türkei auf die DFB-Elf. (Quelle: Seskimphoto/imago images)

Hakan Çalhanoğlu ist in Deutschland geboren. Doch er spielt schon immer für die Türkei. Wie es dazu kam und warum er bei den türkischen Fans so beliebt ist.

Er ist der Kapitän der türkischen Nationalmannschaft, doch seine Wurzeln liegen in Deutschland. Hakan Çalhanoğlu wurde 1994 in Mannheim geboren und spielte dort in der Jugend, ehe er nach Karlsruhe wechselte und es in diesem Verein bis zu den Profis schaffte. Der Sohn türkischer Eltern, der am Samstag im Länderspiel (ab 20.45 Uhr im t-online-Liveticker) auf die DFB-Elf trifft, steht seit 2010 international für die Türkei auf dem Platz.

Spiele

Ab der U16 durchlief er alle Mannschaften. Im September 2013 gab er sein Debüt für die A-Nationalmannschaft der Türkei – und entschied sich damit gegen Deutschland. Damals sagte der Mittelfeldspieler, der beim Bundesligisten Hamburger SV unter Vertrag stand, der "Sport Bild": "Die Entscheidung ist mir nicht leicht gefallen. Ich bin in Mannheim geboren, in Deutschland aufgewachsen. Aber der türkische Nationaltrainer Fatih Terim hat sich sehr um mich bemüht. Am Ende habe ich mich jetzt für die A-Nationalelf der Türkei entschieden."

Töre zu Çalhanoğlu: "Beweg dich nicht, sonst erschieß ich dich"

Nur einen Monat nach seinem Debüt kam es nach dem WM-Qualifikationsspiel der türkischen Nationalelf gegen die Niederlande zu einem Zwischenfall. Çalhanoğlu teilte sich das Zimmer damals mit Ömer Toprak. Plötzlich kam ihr Teamkollege Gökhan Töre in den Raum und bedrohte beide mit einer Pistole. Ziel des Angriffs war ein Freund von Toprak, der ebenfalls im Zimmer war. Es soll um eine Ex-Freundin gegangen sein.

Erst ein Jahr später erzählte Çalhanoğlu im "Sportstudio": "Ich lag in einer Ecke, er ist zu mir gekommen und hat zu mir gesagt: 'Beweg dich nicht, sonst erschieß ich dich'. Ich war sehr nervös und konnte mich kaum bewegen. Wir waren zum falschen Zeitpunkt am falschen Ort."

Töre wurde deswegen ein Jahr lang nicht für die Türkei nominiert. Çalhanoğlu hingegen schon. Allerdings hatte auch er eine Phase, in der er nicht für die türkische Elf spielte. Nach einem halben Jahr ohne Berufung gab der gebürtige Mannheimer im März 2015 sein Comeback. Auch für die EM 2016 wurde er nominiert. Ende Januar 2017 sorgte Çalhanoğlu mit einem Video für Aufsehen.

Çalhanoğlu sorgt mit Werbevideo für Erdoğan für Wirbel

In jenem Jahr wurde in der Türkei in einem Referendum darüber abgestimmt, ob es eine Gewaltenteilung geben soll oder ein politisches System, das es dem damaligen und heutigen Präsidenten Recep Tayyip Erdoğan ermöglicht, eine alleinige Macht auszuüben.

2017 wurde dann mit knapper Mehrheit das Amt des Staatspräsidenten zur zentralen Machtposition in der Türkei erhoben, das System der parlamentarisch kontrollierten Regierung abgeschafft. Um die Menschen damals dazu zu bewegen, dafür zu stimmen, hat Çalhanoğlu sich in einem Video ablichten lassen.

Darin saß er auf einem Sofa, im Hintergrund war ein Foto von ihm im Trikot der türkischen Nationalelf zu sehen, und der Fußballer sagte: "Für unser Vaterland, für unser Volk, für unsere große Türkei bin ich auch dabei." Das sorgte für Wirbel. Auch, weil Töre ihn wohl dazu animiert hatte und Çalhanoğlu in dem Video sagte: "Gökhan, mein Bruder. Ich habe deine Nachricht bekommen."

"Wir lieben doch alle den Frieden"

Sein damaliger Verein Bayer Leverkusen teilte mit: "Wir haben mit dem Spieler über das Video gesprochen und ihm klargemacht, dass Äußerungen politischer Natur problembehaftet sein können – schließlich steht Hakan Çalhanoğlu als Fußball-Profi besonders im Licht der Öffentlichkeit. Wir haben ihm geraten, sich künftig in derartigen Fragestellungen mit Meinungsäußerungen zurückzuhalten."

Zwei Jahre später, also 2019, gab es erneut Aufregung um die Nationalmannschaft der Türkei, die nach dem 1:0 gegen Albanien in der EM-Qualifikation ihren Soldaten salutierte. Zu dem Zeitpunkt gab es einen umstrittenen türkischen Militäreinsatz in Nordsyrien.

Çalhanoğlu sagte nach der Aktion: "Es war einfach ein Gruß an unser Militär." Bei der "Sport Bild" erklärte er damals weiter: "Als Fußballer spricht man nicht gerne über Politik. Wir wollten mit dem Gruß unsere Soldaten motivieren, dass sie wieder gesund zurückkommen. Es ging um keine politische Aktion oder Provokation. Wir lieben doch alle den Frieden." Der heutige Kapitän beschwerte sich damals, dass die Spieler "in einem schlechten Licht" dargestellt würden.

Gündoğan vs. Çalhanoğlu

Auch wenn Çalhanoğlu wiederholt beteuert, sich nicht politisch äußern zu wollen, sorgte er doch immer wieder für Aufmerksamkeit. So auch in diesem Jahr vor dem Champions-League-Finale zwischen Manchester City und Inter Mailand in Istanbul, das der Premier-League-Verein 1:0 gewann.

Çalhanoğlu spielte damals wie heute für den italienischen Klub, während DFB-Kapitän İlkay Gündoğan zu diesem Zeitpunkt noch bei Manchester City unter Vertrag stand. Der türkische Kapitän konnte sich im Juni eine Spitze gegen den deutschen Nationalspieler nicht verkneifen, sagte: "Ich bin sehr glücklich und stolz, dass ich dieses Finale in meinem Heimatland spielen darf. Ich bin mir sicher, dass die Leute hier hinter mir stehen und dass sie für mich beten." In Bezug auf Gündoğan sagte er: "Er spielt für Deutschland, ich für die Türkei. Ich denke, für unsere Leute ist es wichtiger, dass ich gewinne."

Am Samstag stehen sich beide Kapitäne in Berlin erneut gegenüber. Der eine vertritt die Türkei, der andere Deutschland. Wer jubeln darf, wird sich zeigen.

Verwendete Quellen
  • sportal.de: "Hakan Calhanoglu entscheidet sich für die Türkei und sagt dem DFB ab"
  • rp-online.de: "Calhanoglu spricht über Waffenvorfall: "Sonst erschieß' ich dich""
  • welt.de: "Calhanoglu mischt in Erdogans Schneeball-System mit"
  • bpb.de: "Das "neue" politische System der Türkei"
  • sueddeutsche.de: "Politische Äußerung: Bayer rät Calhanoglu zur Zurückhaltung"
  • tz.de: ""Militär-Jubel" der Türken - Calhanoglu: "Wir wollten unsere Soldaten motivieren ...""
  • sport1.de: "Calhanoglu-Spitze gegen Gündogan"
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